Es ist nahezu banal, aber doch notwendig, darauf hinzuweisen, dass der Tanz den Menschen von Anfang an als eine primäre Ausdrucksform seines Seins begleitet hat und bis in die Gegenwart begleitet.
1.2 prähistorische Funde
Funde, wie beispielsweise Felsmalereien, Gravierungen und Reliefs, die tanzende Menschen zeigen und viele Jahrtausenden vor unserer Zeitrechnung entstanden sind, belegen das Tanz schon sehr früh Bestandteil des menschlichen Lebens war. Als älteste dieser Funde gelten indische Höhlenmalereien, welche Schätzungen zufolge zwischen 5000 und 2000 vor Christus entstanden sind. Der prähistorische Tanz war jedoch reiner Selbstausdruck und kultischer Akt. Das heißt, der Tanz war mit einem Kult oder Glauben verbunden, Zuschauer oder der Unterhaltungsfaktor spielte noch keine Rolle. Jedoch war Tanz fast immer in Verbinden mit dem Göttlichen zu finden. Klar ist weiters, dass Tanz damals wie auch heute noch die religiösen, magischen, kriegerischen und sozialen Gebräuche eines Volkes widerspiegelt.
1.3 Antike und Hochkulturen
Im Buch Tanz Geschichte von den Autoren Peters, Noll, Zacharias und Koegler wird beschrieben, dass sich mit dem Sesshaftwerden aus den anfangs intuitiven, ekstasischen Lebensäußerungen, rituelle Tänze mir klar definierten Motivationen entwickelten. Tänze, mit solchen Motiven, also Tänze die einen Zweck befolgen, sind zum Beispiel Fruchtbarkeitstänze und Regentänze.
Naturkatastrophen und Lebensängste, Hunger und Kämpfe regen die Phantasie der Naturmenschen an, und so schaffen sie sich Kulte, in denen sie tanzend ihre guten und bösen Dämonen und Götter befriedigen, beschwichtigen, feiern oder ihnen Opfer darbringen, je nach dem, ob ihrem Stamm Gutes beschieden oder Böses vorzeitig abzuwenden ist.
Besonders im antiken Ägypten waren rituelle Tänze, die den Tod sowie die Wiedergeburt des Gottes Osiris darstellten, besonders populär. Sie zeichneten sich außerdem dadurch aus, dass sie in der Technik des Tanzes so anspruchsvoll und komplex waren, sodass sie nur von äußert professionellen und talentierten Tänzern aufgeführt werden konnten.
An etlichen Grabstätten den Nil entlang schmücken Tanzszenen, hauptsächlich liturgischen Charakters, Wandbilder und Vasen und zeigen Tanz verbunden mit Göttermythen. Außerdem stammen die ersten Aufzeichnungen für professionelle Tänzer aus dem alten Ägypten. Sowohl im antiken Ägypten als auch im antiken Griechenland sah man Tanz als „notwendiges Erfordernis einer guten Erziehung“ an und Tanz hatte kultische, soziale, kriegerische aber erstmals auch künstlerische Zwecke, wie beispielsweise der Bühnentanz im antiken Griechenland. Im antiken Griechenland entwickelten sich sogenannte Dionysien, die als Theaterform galten und ekstasische Tänze enthielten die meist von einem Chor präsentiert wurden. Von den Bewegungen die der Chor ausführte leitet sich der heutigen Begriff „Choreographie“ ab. Diese ekstasischen Tänze lebten im Mittelalter in den heidnischen Kulttänzen wieder auf. Die alten Griechen tanzten hauptsächlich für ihre Götter, dementsprechend waren ihre Tänze immer zweckbedingt. Für sie war Tanz absolut harmonisch. Gleichzeitig gab es aber auch schon Waffentänze.
Schon während der Antike gab es Kampf- oder Waffentänze, bei welchen sich die Tänzer, von rhythmischer Musik begleitet, frontal gegenüberstanden und so ihre Stärke zur Schau stellten. Dabei mimten sie das Verhalten von Kriegern.
Im römischen Imperium hingegen galt Tanz als unschicklich, obwohl für besagten Waffentanz oder kultische Feldbegehungen immer wieder professionelle Tänzer aus Asien und Griechenland geholt wurden. Im Gegensatz zu den Griechen konnten sich die Römer nicht für akrobatische Tanzformen begeistern, sie bevorzugten die Pantomime. Außerhalb Europas gab es auch Kampfs- und Kriegstänze, wie etwa den mexikanischen Blumentanz der Nahua.
1.4 Mittelalter
Im Mittelalter wurde zu den verschiedensten Ereignissen getanzt: zu Hochzeiten, zu Volksspiel und Brauch, Ritterturnieren und Bällen genauso wie man Maskenspiele, nachahmende Tiertänze und Pantomime präsentierte.
Um das 11. Jahrhundert entsteht in Europa die sozial gebundene, "unkultische" Tanzform ständischen Charakters - der Volkstanz, also "resche Bauerntänze". Es sind diese Vorbild und Inspiration - bilden sozusagen das Fundament - für eine gemilderte Form, den Gesellschaftstanz - Zeitvertreib der adeligen Bevölkerung .
Aber nicht nur der Adel tanzte, auch die Patrizier errichteten eigene Tanzhäuser und es existierten sogenannte „Tanzlauben“, Tanzhäuser für das einfache Bürgertum. Die dort getanzten, sowie auch alle anderen ländlichen Tänze des Mittelalters, waren recht einfach strukturiert und beinhalteten keine anspruchsvollen Bewegungen, damit jeder mitmachen konnte. Es bildeten sich im Laufe der Zeit eigene Handwerkerzünfte, welche wiederum auch ihre eigenen Arbeitstänze entwickelten. So ist es auch nicht verwunderlich, dass viele Tänze alltägliche Vorgänge widergaben. Auch die Minnesänger trugen viel zur Entwicklung des Tanzes bei, denn sie brachten Lieder und Tänze in die Dörfer und an die Höfe. Obwohl im Mittelalter der Volks- und der Gesellschaftstanz dominierten, entwickelten sich aufgrund der Differenzierung zwischen Adel und Bürgertum höher strukturierte Tänze des Adels, welche auch Teil dessen Grundausbilden waren. Es ist anhand von Bildern, Texten und Liedern nachgewiesen, dass es im Mittelalter Reigentänze, Paartänze und Springtänze gab, doch da die Menschen in ein relativ starres Ständesystem eingebunden waren, gab es auch in hier keine besonders anspruchsvollen Bewegungen, da die Kirche das Leben der Leute großteils bestimmte und diese den Tanz nach dem Jahr 400 als „Kreis des Teufels“ sah.
Das Leben war von Gott gegeben und hatte Ihm gefällig zu sein. Kunst (darstellende und bildende Kunst) war nur im sakralen Bereich erwünscht und wurde dort gefördert.
1.5 Von der Neuzeit bis in die Gegenwart
Man orientiere sich auch weiterhin an den ländlichen und einfachen Tänzen, die durch Hungersnöte, Kriege und Epidemien beeinträchtigt und geprägt wurden.
Gesellschaftstänze sind überwiegend veredelte Volkstänze, verwandelt mit jener contenance und élegance, die der Haltung der Fürsten und ihrer Höflinge entspricht, gewonnen aus dem Rittertum und seiner académie del'épée, der Fechtkunst.
Erst im 15. Jahrhundert trennten sich infolge der sozialen Umschichtung stärker Volks- und Gesellschaftstanz, der schließlich vom Adel im Absolutismus stark reglementiert wurde.
Im 15. Jahrhundert vollzog sich ein deutlicher Umschwung, als der Gesellschaftstanz mit gemischten Paaren - besonders an den europäischen Höfen - immer beliebter wurde und sich zudem als Zeitvertreib herauskristallisierte. Das baldige Auftreten der ersten Hoftanzmeister sowie die Publikation der ersten Tanzhandbücher und -Ratgeber sind ein offensichtlicher Beweis für jene Tatsache, die besagt, dass sich der Tanz zu einem Teil des adligen Lebensstil entwickelte.
In der späteren Entwicklung des Tanzes orientierten sich die Fürstenhäuser und Höfe am französischen Hof, wo Katharina di Medici, die Frau von Heinrich II von Frankreich, den florentinischen Meister Baldassarino de Belgiojoso zu sich holte. Er gründete 1580 das berühmte "Ballet comique de la Royne", womit er eines der Zentren in der Entstehungsgeschichte des Ballett schuf. Von hier und Italien aus verbreitete sich die Ballettkultur.
Mit dem Arrangement dieser Tänze und Ballette und der Notierung ihrer Schrittformen entsteht eine professionelle Tanzmeistergilde, deren Bewegungsmaterial die damaligen Gesellschaftstänze sind.
Etwa um dieselbe Zeit erschienen auch die ersten Tanzbücher von Domenico da Piacenza (De arte saltandi, um 1450) oder Gugliemo Ebreo (um 1460). Sie zeigten und beschreiben genau wie Bassedanze und Balli, höfische Tänze für Paare, für drei Personen oder eine Gruppe auszusehen hatten. In der Renaissance repräsentierte das Ballett das Menschenbild jener Zeit und spiegelte deren Werte wider: die Überwindung des mittelalterlichen Spiritualismus, sinnhafte Ursprünglichkeit, die Wiederentdeckung des Leibes, Vereinigung von Trieb und Geist, die Erhöhung des Daseins im Fest. Der Stand des Berufstänzers bildete sich, circa um 1600, und darauf folgten die Fortentwicklung der Tanztechnik und ein stilistischer Wandeln im Tanz. Die Tänzer und ihre Choreographien waren von nun an wichtiger, als die Musikkompositionen. Die Tänze wurden immer kunstvoller und schwieriger, die Bewegungen sollten elegant und anspruchsvoll sein. Einzelne Tänzer durften ihr Können mit komplizierten Sprüngen und Drehungen präsentieren. Die ersten Tanzmeister bildeten sich heraus und begannen, Tanz aufzuzeichnen und auszuschmücken. Unter dem Sonnenkönig, Ludwig XIV, welcher selbst in 27 Balletten die Hauptrolle tanzte erreichte das Ballett seinen Höhepunkt. Er gründete im Jahre 1661 die Ballettschule „Academie Royal de Danse“ in Paris. Diese Tanzakademie leitete die klassische Epoche der neuzeitlich-europäischen Ballettgeschichte ein. Durch ihre Nähe zum Volk, zumindest zu der sogenannten „besseren Gesellschaft“, hatte sie großen Einfluß auf die Entwicklung des Balletts. Zum ersten Mal wurde nicht nur der Adel, sondern auch die „bessere Gesellschaft“ in den sogenannten Nationaltänzen unterrichtet. Zur Zeit der Romantik erlebte das Ballett einen Aufschwung, es war die Zeit der Ballerinen und besonders in Russland befand sich das Ballett in seiner Blütezeit. Hier waren auch erstmal Frauen als Tänzerinnen auf den Bühnen zu finden, welche bisher von Männern dominiert waren.
Im 19. Jh. erfuhr das Romantische Ballett seine Hochblüte, es wird auf der "Spitze" getanzt (also der Spitzenschuh verwendet), was den Tanz übernatürlich erscheinen lässt. Man inszeniert sich in Märchen, Poesie, Legenden und unglücklichen Liebesgeschichten, und bringt durch herausragende Technik in den Inszenierungen das Publikum zum Träumen, verzaubert es .
Mit der Demokratisierung im 19. Jahrhundert begann ein entscheidender Wandel in der Geschichte des Tanzes: der Ausdruckstanz entsteht.
Der Ausdruckstanz erstand als Gegenbewegung zum klassischen Ballett.
Er wird im Gegensatz zum Gesellschaftstanz nicht zur „oberflächlichen“ Unterhaltung etanzt, sondern dient dem individuellen und künstlerischen Darstellen (und zum Teil auch Verarbeiten) von Gefühlen der tanzenden Personen.
Durch das Wiederaufleben der Folklore und neue französische Dramaturgie sowie dem Einfluss russischer Kleinkunst erlangt diese neue Tanzform schnell an Popularität. Außerdem war das Aufkommen neuer Tänze zu beobachten, die nach einer Reform des Tanzes verlangten. Tänzerinnen wie Isadora Duncan brachten den Modern Dance aus Amerika nach Europa und schon kurz darauf wurde das Ballett stark kritisiert, weil es sich nicht wie von den Vertretern der neuen Tanzrichtungen gefordert weiterentwickelte. Der Modern Dance verstand sich, wie auch der Ausdruckstanz, als Erneuerungsbestrebungen des klassischen Balletts und war eine Variante des Bühnentanzes, die sich in den USA um 1900 entwickelte. Im zweiten Weltkrieg wurden all diese neuen Tänze abgelehnt und die Nationalsozialisten versuchten, Tänze aus Amerika wie Foxtrott, Shimmy, Charlston, Boogie-Woogie, Tango, Samba, und Rumba zu verdrängen, was nicht vollständig gelang.
Parolen, wie "Deutsche Volks- und Gemeinschaftstänze", oder: "das ist die Losung, die uns als Mahnruf für die Zukunft gestellt ist" oder "die Stunde der Selbstbesinnung im deutschen Volkstanz ist gekommen" oder "Erneuerung des deutschen Tanzes, auch des alten Volkstanzgutes" werden zentral verbreitet.
Auch der Ausdruckstanz verschwand während des Krieges praktisch zur Gänze. Nach dem zweiten Weltkrieg wollte man den Tanz zwar wieder aufleben lassen, doch es fehlt an Kreativität und Innovation. Etwa um 1950 entstand aus dem Modernen Tanz der Zeitgenössische Tanz, welcher durch durch die ewige Suche nach Neuem, Innovativen geprägt war und es auch heute noch ist. Unter Zeitgenössischen Tanz versteht man generell die choreografische Bühnentanzkunst der Gegenwart.
Der zeitgenössische Tanz versteht sich nicht auf der Basis nur einer Technik oder ästhetischen Form, sondern aus der Vielfalt heraus. Er sucht Grenzüberschreitungen zwischen den Künsten und bricht immer wieder mit vorhandenen Formen. Zeitgenössischer Tanz in diesem Sinne hat eine offene Struktur, die sich bewusst von festgelegten, linearen Entwürfen der Klassik und Moderne absetzt.
Später kam aus Amerika des Modern Dance, eine abgewandelte Form des Ausdruckstanzes, zurück. Es folgen verschiedene Modetänze, wie zum Beispiel der Rock'n'Roll, und der Volkstanz verloren stetig an Beliebtheit.
Der Gesellschaftstanz entwickelt sein Turnierspiel zum Schau- und Theatertanz zurück, der Theatertanz verleibt sich thematisch und technisch die Disco ein, der moderne Tanz wird zum esoterischen Rätsel des Kammerspiel, der Volkstanz kümmert in einer volkstümlichen Isolation dahin, der Sport glaubt den elementaren Tanz gepachtet zu haben, und eine unübersehbare Anzahl von Kreativitätsangeboten kommt über meditative Selbstfindung nicht hinaus.
Heute finden wir eine Vielfalt von Tänzen auf unseren Bühnen. Dank der Globalisierung findet ein interkontinentaler Austausch statt, der die Tanzgewohnheiten weltweit verändert. Wir möchten nun zwei Tänze genauer darstellen: Streetdance und Walzer. Wir haben diese Tänze ausgewählt, weil sie den Kontrast zwischen modernen und traditionellen Tänzen aber auch den Kontrast zwischen den Generationen veranschaulichen. Ergänzend zu unserer Veranstaltung „Darf ich bitten?“ und unserer Sekundärliteratur haben wir Interviews mit Tänzer_innen der jeweiligen Tanzrichtungen durchgeführt, um praktische Erfahrung miteinbeziehen zu können.
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